Reb Zalman

Zalman Shachter_remembering

Nachruf auf Rabbi Zalman Schachter-Shalomi s. l. (1924-2014)

Am 3. Juli 2014 entschlief Rabbi Zalman Schachter friedlich in seinem Heim in Boulder, Colorado, USA. Er war einer der einflussreichsten sprituellen Führer des progressiven Judentums des 20. Jahrhundert, vergleichbar mit R. Joshua Heschel (mit dem er eng befreudet war) und R.Mordechai Kaplan, dem Gründer des Reconstructionist Judaism. Wie R. Joshua Heschel suchte er, eine zeitgemässe Halacha (=Fortschritt) zu entwickeln. Und wie Kaplan glaubte er an die Kraft der Chawuroth, der kleinen Gruppen von jüdischen Menschen, die sich selber leiten, mit (alt-) neuen Formen des Rituals experimentieren und im Kreis beten, da sie so einander, und damit dem Göttlichen im Nächsten, gegenüber stehen.

Mit seinem Freund R. Arthur Waskow entwickelte Schachter das Konzept der Oekokaschrut (siehe Artikel Tachless von G. Strenger vom 21.3.2104), indem sie neue Kriterien der Kaschrut wie biologisch angebaute Nahrungsmittel, nicht in sklavenähnlicher oder Kinderarbeit hergestellte Kleider oder solar erzeugten Strom als oekokoscher bezeichneten.

Reb Zalman, wie ihn alle liebevoll nannten, konnte unglaublich gut auf andere Menschen eingehen, er konnte gewissermassen in ihre Haut schlüpfen. Durch diese enorme Empathie fühlte sich sein Gegenüber wirklich verstanden und angenommen. Das ermöglichte ihm, mit Menschen aller Religionen und Nationen in einen echten Dialog zu treten. Er war durch und durch Jude (er bezeichnete sich als „jüdischen Praktizierenden von ‚generischer’ Religion“.

Sein grösstes Anliegen war und blieb aber, jüdischen Menschen, die sich dem Judentum entfremdet hatten, einen neuen Weg zu ihrer jüdischen „Neschome“ (Seele) zu zeigen. Für diese Aufgabe, die ihm sein Lehrer, der Lubawitscher Rebbe in den Fünfziger Jahren als Studentenrabbiner aufgetragen hatte, setzte er sich mit seiner ganzen Seele ein, auch als er schon lange als Hippie-Rabbiner den Schoss der Lubawitscher verlassen hatten.

Doch wie kam es zu dieser ausserordentlicher Lebensgeschichte?

R. Zalman wurde 1924 in Wien in eine chassidische Familie geboren; Sein Grossvater, der für ihne eine wichtige Figur war, lebte z.T. in Galizien und hatte einen grossen Einfluss auf seinen Enkel. Zalman ging in Wien aufs Gymnasium, erhielt also eine gute säkulare Bildung. Daneben ging er jeden Nachmittag in eine Jeschiwa und lernet dort alles übers Judentum, was ein junger orthodoxer Jude lernen musste. Er lernte leicht, da er begabt war.

Als 1938 die Nationalsozialisten die Macht in Oesterreich übernahmen, schickten seine Eltern ihn nach Antwerpen zu Verwandten. Dort kam er erstmals mit dem Lubawitscher Rebbe in Kontakt. Aufgrund der Ereignisse, die er erlebt hatte, war er ein junger Mann voller Ärger über G’tt. Doch der Rebbe akzepierte ihn mit diesem Ärger und Zalman war ihm dafür sehr dankbar.

Nach der Eroberung Belgiens durch Nazi-Deutschland floh er auf abenteuerliche Weise mit Hilfe der Lubawitscher nach Vichy-Frankreich und von dort über Lissabon nach New York, wo er sich dem mittlerweile geflohenen Rebbe anschloss.

Nach seiner Smicha (Ordination zum Rabbiner) wurde er vom Rebbe mit seinem Chewruta-Partner, Schlomo Carlebach, einem weiteren charismatischen jungen Rebellen, damit beauftragt, die sich assimilierenden jungen Intelektuellen an den amerikanischen Universitäten zum Judentum zurückzubringen. Die damals entstehende Hippie-Bewegung liess ihn nicht unberührt und er beschloss, einen Master in vergleichenden Religionwissenschaften zu erwerben. Interessanterweise, öffnete ihm sein Verständnis für andere spirituelle Wege auch den Weg zu alten, z. T. fast verlorenen jüdischen Traditionen, die ihm für die heutige Praxis passend erschienen und denen er nun neues Leben einhauchte.

In Havard, wo er studierte, kam er mit psychedelischen Drogen in Kontakt; diese eröffneten ihm eine neue Tiefe von G’tteserfahrung, die ihn schliesslich zum traditionellen „Davvenen“ zurückbrachten. Er versuchte von seiner Tradition aus Wege zu finden, um jungen Jüdinnen und Juden das Beten nahezubringen. Das war sein wichtigstes Ziel. Obwohl er für sich am liebsten orthodox betete, war er bereit die Rituale für andere Juden so abzuändern, dass sie dem Gebet etwas abgewinnen konnten.Dass er dabei zum jüdischen „Star“ in der entstehenden interreligiösen New Age Spiritualität wurde, machte ihn nicht etwas arrogant, er bleib bescheiden und begegnete allen Menschen auf Augenhöhe.

Als er nach einigen Wanderjahren in Philadelphia einen Lehrstuhl für vergleichende Religionswissenschaft erhielt, gab er sich damit nicht zufrieden, sondern gründete Pnei Or, den Vorgänger des heute bestehenden Netzwerks Aleph, Network for Jewish Renewal. Dort unterrichtete er seine neue Form von jüdischer Praxis in selbstorganisierten Gruppen, die sich wie ein Lauffeuer in den USA und später in der ganzen Welt ausbreiteten. Auch viele Reform-, Reconstruczionist- und konservative Rabbiner wollten von ihm lernen und führten neue, z.t. ekstatische Praktiken mit viel Singen und Tanzen in ihren Gemeinden ein. Zugleich waren diese Gruppen politisch und sozial sehr progressiv, es gab homosexuelle und feministische Gemeinden und alle wurden in die Gruppen aufgenommen, die sich hingezogen fühlten. Es fanden jedes 2. Jahr Konferenzen (Kalloth) statt an denen sich Hunderte, ja Tausende in workshops weiterbildeten und das Gelernte in ihre lokalen Gruppen zurückbrachten.

R. Zalman hatte einige Zeit ein ziemlich rastloses Leben. Unter anderem war er einer der Zehn rabbiner, die vom Dalai Lama nach Indien eingeladen wurden, weil das Oberhaupt der in der Diaspora lebenden tibetischen Buddhisten von den Juden lernen wollte, wie manim Exil als gemeinschaft überlebt.

Als er begann, sein Alter zu spüren, wurde er auf den „Weltweisheitslehrstuhl“ der buddhistischen Naropa-Universität in Boulder, Colorado gewählt, wo er endlich seinen Nachlass ordnen und einige Bücher als Ko-Author herausgeben konnte. Jedes Jahr traffen sich in Boulder unter seinem Ehrenpräsidium Hunderte mittlerweile von Aleph ordinierten, sowie Reform, Reconstructionist und konservativen Rabbiner und Kantoren zu einer Konferenz.

Da R. Schachter sein Charisma sehr bewusst und sparsam einsetzte, wurde er nie ein „Guru“, der Abhängigkeit bei seinen SchülerInnen erzeugte. Wir werden ihn zwar vermissen, weil er solch ein „Mensch“ war, aber die Samen, die er gesäht hat, werden weiter aufgehen und auf das Judentum, in all seinen rituellen Facetten, weiterhin einen nachhaltigen Einfluss haben.

 

Aleph:

 

Contribute to a Reb Zalman Tribute Book

„The only way to get it together, is together.“
—Reb Zalman ztz“l

As we gather together to remember, celebrate and honor Reb Zalman in Boulder next month, what had originally been planned as a birthday wishes book will now become a memorial tribute to our beloved Reb Zalman.

We are compiling memories, blessings, gratitudes and farewells in a full color tribute book. Rebbetzin Eve Ilsen and Reb Zalman’s family members, along with everyone who attends the festivities during the weekend of August 15-17 will receive a copy.

This tribute book is envisioned as a keepsake, with photos and words of wisdom from Reb Zalman, as well as tributes from his friends, family, students, and colleagues. Whether it’s a 180 character „Chai Tweet“, an eighteen syllable „ChaiKu“ poem, or a quarter, half or full page spread, this is your opportunity to express what Reb Zalman has meant to you and be part of this grand memorial event.

Simply create and contribute your offering here.  Deadline for all submissions is August 1st; don’t delay.

Proceeds from the tribute book go directly to support Reb Zalman’s office, including Eve and Mary Fulton as they curate, conserve, and transition Reb Zalman’s office and work, and are tax deductible.

Let’s bless Reb Zalman’s memory as his memory blesses us!